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"Gender-Quatsch"?

Wort zum Tage, 20.07.2023

Johanna Vering, Langenberg (Westfalen)

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Mein Mann unterrichtet Religion an einer beruflichen Schule. Und er hat momentan viele, teilweise heftige Diskussionen zum Thema männlich/weiblich/divers. In einer Gruppe hat ein Schüler irgendwann gesagt: "Das nervt mich so, dieser ganze Gender-Quatsch. Was soll das überhaupt? Mann ist Mann und Frau ist Frau. Fertig." "Ja, genau, find ich auch", kommt von vier, fünf anderen.

Mein Mann war geplättet und erzählt, dass dieses Thema gerade in der Schule ganz präsent ist. Und meistens genau in dieser Art: "Was soll der Quatsch?"

Im Netz, in den sozialen Medien geht’s ab. Mich wundert das. Ich versteh nicht, warum das gerade jetzt aufkommt. Dass Menschen sich nicht mit ihrem ursprünglich zugeschriebenen Geschlecht identifizieren, ist nichts Neues. Dass offensichtlich männliche Personen Frauen sind und äußerlich dann auch Frauen werden und umgekehrt, das passiert schon lange. Oder dass Menschen sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen. Für die meisten ist das kein Problem. Die Frage ist eher, warum das überhaupt thematisiert werden muss. Warum ist es nicht egal, welches Geschlecht eine Person hat, oder ob es ein klar definiertes Geschlecht ist? Es geht doch um mehr. Um den Menschen.

Aber wir sind aufgewachsen mit 'männlich und weiblich'. Selbst in der Bibel steht: als Mann und Frau hat Gott die Menschen erschaffen. Die Bibel ist von Menschen geschrieben worden und zeigt natürlich auch eine ganz menschliche Herangehensweise. Aber die Wirklichkeit zeigt doch, dass es so einfach nicht ist.

Sich gedanklich darauf einzulassen, dass es mehr gibt als Mann oder Frau – das muss bewusst passieren. Sonst läuft es so, wie mein Mann erzählt hat: Menschen, die anders sind, werden nicht ernst genommen, im schlimmsten Fall abgewertet.

Woher kommt das? Psychologen sagen, dass sich viele nach Vorgaben sehnen. Nach klaren Regeln, Kategorien, nach Ja oder Nein, Schwarz oder Weiß – oder eben: nach Frau oder Mann. Einige finden wohl auch unsere politischen Strukturen zu lasch. Das ganze freiheitlich-demokratische Getue. Die wollen auch da klare Kante.

Ich steh auch auf Klarheit im Leben. Und an dieser Stelle ist die Sache klar: Wir sind Menschen und wir sind frei. Theologisch gesprochen sind wir Gottes geliebte Geschöpfe, so wie wir sind. Und darum sind wir frei. Über die Freiheit und die Würde der einzelnen Person geht nichts! Dabei ist es völlig egal, ob ich Frau, Mann, trans- oder agender bin. Für mich ist klar: Ich bin Mensch und so von Gott geliebt – das zählt.

Über die Autorin Johanna Vering

Johanna Vering, geboren 1982 in Ostwestfalen, ist Pastoralreferentin und arbeitet als Beauftragte für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Bistum Münster. Nach dem Studium der Theologie in Freiburg und Graz und der Ausbildung zur Pastoralreferentin hat sie in der Erzdiözese Freiburg u.a. bei der Rundfunkarbeit am SWR gearbeitet und die journalistische Ausbildung am ifp in München absolviert. Nach fast 20 Jahren ging es zurück in die Heimat nach Westfalen und dort lebt Johanna Vering in Langenberg (Westf.). Sie ist verheiratet und hat drei Kinder.