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Die Nonnenstudie

Wort zum Tage, 21.11.2023

Martin Korden, Bonn

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In den USA wollte man vor einiger Zeit herausfinden, warum gerade Mönche und Nonnen, die im Kloster leben, oft so sehr alt werden und dabei auch geistig auffällig fit bleiben. Herausgekommen ist eine Studie, die den Kampf gegen Alzheimer maßgeblich verändert hat. Bis dahin galt in der Forschung, dass Ablagerungen im Gehirn der Auslöser für Alzheimer sind. Man wollte also wissen, ob Nonnen, die in geistig fittem Zustand gestorben waren, diese Ablagerungen nicht aufweisen würden.

Aber zur großen Überraschung waren auch da die besagten Ablagerungen in großem Ausmaß vorhanden. Doch zu Lebzeiten hatte kaum einer dieser Frauen Anzeichen für eine Demenz gezeigt. Irgendwie waren sie dem Ausbruch der Krankheit entflohen. Die Forscher haben daraus geschlossen, dass der Kipppunkt, an dem die Ablagerungen zur Demenz führen, verschoben werden kann. Etwa in dem man so lebt, wie in einem Kloster? Die Antwort lautet: Ja.   

Doch wer jetzt an Ruhe und Zurückgezogenheit denkt, ist auf dem Holzweg. Es geht vielmehr um Aktivität, kontinuierlich, auch im Alter. Aber in alledem gilt: das rechte Maß. Es darf nicht in Stress ausarten. Im Kloster ist es üblich, bis ins hohe Alter geistigen und körperlichen Tätigkeiten nachzugehen. Und gerade das hält die Großhirnrinde auf Hochtouren. Und das im Kloster so wichtige Singen beim täglichen Stundengebet, sorgt dafür, dass sämtliche Hirnareale interagieren.

Fast alle Orden beziehen sich bis heute auf die Klosterregel des Heiligen Benedikt von Nursia. Verfasst im 6. Jahrhundert. Sie regelt den Tagesablauf im Kloster, darin gibt es Gebote, von denen die Forscher heute sagen würden: So geht Alzheimer-Prävention. Da heißt es:

"Müßiggang ist der Seele Feind. Deshalb soll man zu bestimmten Zeiten mit Handarbeit, zu bestimmten Stunden mit heiliger Lesung beschäftigt sein. Ist einer aber nachlässig und nicht mehr willens zu lernen, so trage man ihm eine passende Tätigkeit auf. Meidet das Zuviel und das Zuwenig. Dem Gebet aber soll nichts vorgezogen werden."

Der Heilige Benedikt hat keine Studie gebraucht, seine Grundhaltung lautete: Schweige und höre. „So“, hätte er wohl gesagt, "kommst du von selbst zu der Erkenntnis, wie Gott diese Welt und dich darin gedacht hat. Nutze also die Fähigkeiten, die dir dein Schöpfer gegeben hat."

Für Benedikt war das eine ganz rationale Sicht auf die Welt. Die Wissenschaft geht heute von anderen Maßstäben aus – und doch kommt sie nicht selten zu ganz ähnlichen Ergebnissen.

Über den Autor Martin Korden

Martin Korden, geboren 1980 in Adenau, ist Beauftragter der Bischofskonferenz für Deutschlandradio. Eine erste Hörfunkausbildung erhielt er im Rahmen seines Wehrdienstes beim Truppenbetreuungssender "Radio Andernach". Anschließend studierte er in Trier und Brixen Katholische Theologie. Es folgte das journalistische Volontariat bei der Katholischen Fernseharbeit und eine langjährige Tätigkeit für DOMRADIO.DE in Köln.

Kontakt: m.korden@dbkradio.de