Das älteste Foto Deutschlands stammt aus dem Jahr 1837. Es zeigt die beiden Türme der Münchner Liebfrauenkirche und stammt von Franz von Kobell. Das ging unlängst durch die Medien. Weil bisher der Beginn des Fotografie-Zeitalters hierzulande zwei Jahre später angenommen wurde.
Das Fotografieren hat viel mit Zeit zu tun. Nicht nur, weil Fotografien Zeitzeugen sind. Um die Zifferblätter der beiden charakteristischen Zwiebeltürme so detailgetreu auf’s Papier zu bekommen, hat Herr von Kobell seinen Apparat stundenlang im Fensterrahmen stehen lassen müssen. Eine Belichtungszeit, für die man Geduld braucht. Bevor man überhaupt zum Fotografieren kommt, braucht es ebenfalls sehr viel Zeit. Natur- und Tierfotografen können davon ein Lied singen.
Im geistlichen Leben ist das nicht anders. Auch da gibt es – wie beim Fotografieren – hin und wieder gelungene "Schnappschüsse": Ein spontanes Gebet, eine klare Bitte oder ein bewusster Dank Richtung Himmel. Aber im allgemeinen sind hier die "Belichtungszeiten" länger. Ja, mitunter dauert es ein Leben lang, bis sich überhaupt ein Bild, ein Fortschritt abzeichnet. Um im Herzen des Menschen das Bild Gottes entstehen zu lassen, braucht es Zeit. Aber zum Glück gibt es Hilfen.
Genau wie beim Fotoapparat. Zum Beispiel die Aufmerksamkeit. Man muss Motive sehen können, die Spuren Gottes im Alltag. Oder das richtige Objektiv. So gut es auch ist, das "große Ganze" nicht aus den Augen zu verlieren: Der Fokus auf das, was wirklich wichtig ist, schenkt mir oft die Gelassenheit, die das geistliche Leben fruchtbar macht. Eine weitere Hilfe sind die Filter. Die schützenden Mauern einer Kirche oder ein stiller Garten sind gut geeignet, um störende Einflüsse aus dem Bild zu halten. Und dann ist natürlich ein Stativ unverzichtbar. Oder wahlweise wie bei Franz von Kobell ein Fensterrahmen. Bei mir persönlich ist das die Regel des heiligen Benedikt. Es sind die Überzeugungen und Haltungen, mit denen ich auf meinem Lebensweg unterwegs bin.
Und trotz all dieser Hilfen: Es reicht nicht, immer nur die Bedienungsanleitung zu lesen. Learning by doing ist die Devise. Man muss es ausprobieren. Zum Fotografieren gehört auch ein bisschen Glück. Man kann es auch "Gottes Hilfe" oder altmodisch "Gnade" nennen. So entsteht über die Zeit ein gutes Bild. Kontrastreich, detailliert und lichtdurchflutet.