Wie kommt man eigentlich zum Glauben? Vertreter der Kirche werden das schon mal gerne gefragt. Und manche sagen noch viel deutlicher: "Ich würde gerne glauben, aber ich kann es nicht."
Wie kommt man zum Glauben? Zum Glauben an Gott?
Es gibt in der Bibel eine ganz kurze Episode, die mich fasziniert. Weil sie für mich gut beschreibt, was vielleicht das Entscheidende am Beginn eines Glaubensweges ist. Da will der Apostel Philippus seinen Freund Natanael Jesus vorstellen, Philippus ist nämlich begeistert von diesem Jesus und glaubt, dass der der verheißene Messias ist, der von Gott Gesandte. Natanael ist skeptisch, aber er geht mit Philippus mit. Als Jesus dann Natanael sieht, spricht er diesen direkt an mit den rätselhaften Worten: "Noch ehe Philippus dich rief, habe ich dich unter dem Feigenbaum gesehen." Natanael ist daraufhin wie vom Blitz getroffen. Er antwortet Jesus: "Du bist der Sohn Gottes." Und schließt sich ihm an.
Ich frage mich bei dieser Bibelstelle immer: Was ist da passiert unter dem Feigenbaum? Natanael kann nur darunter gesessen und äußerlich betrachtet ausgeruht haben. Feigenbäume sind in heißen Gegenden ideale Schattenspender. Das, was Jesus hier gesehen haben will, muss ein inneres Geschehen gewesen sein.
Religiöse Erfahrungen werden vielleicht hier und da durch äußere Ereignisse ausgelöst, immer aber scheint das Entscheidende im Innern zu passieren. Nicht machbar, eher überraschend, dabei individuell und je anders aber immer ganz persönlich und intim. Papst Franziskus hat diese innere Erfahrung, die am Anfang seines Glaubens an Gott stand, einmal so beschrieben: "Es war die Überraschung, ja, das maßlose Erstaunen über eine wirkliche Begegnung. Ich merkte, dass ich erwartet wurde. Das ist die religiöse Erfahrung: das Erstaunen darüber, jemandem zu begegnen, der dich erwartet. Man meint, man sucht ihn, aber er sucht dich zuerst. Man möchte ihn finden, aber er findet uns zuerst."
Ich glaube: Natanael würde Papst Franziskus da zustimmen. Unter dem Feigenbaum hatte er – wohl versunken in einem ruhigen, dichten Moment ganz bei sich – diese Erfahrung: da spricht mich jemand an, um meinetwillen, ich bin gemeint. So eine Erfahrung bleibt ein Rätsel, ist wohl nie eindeutig. Dass aber Jesus von dieser Erfahrung wusste, machte ihn in den Augen Natanaels zum Gesicht Gottes.
Und so Natanael glaubend.