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Schlafschlamm

Wort zum Tage, 23.12.2022

Guido Erbrich, Biederitz

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Wissen Sie, was Schlafschlamm ist? Er steckt frühmorgens in uns drin, wenn wir nicht ausgeschlafen sind und will raus. Einfach mal aufstehen und am besten über Arme und Beine auspressen. An manchen Tagen kommt da eine Menge zusammen.

Und was da alles drinnen steckt. Müdigkeit, unerfüllte Träume, Mutlosigkeit, verrückte Ideen. Natürlich ist das mit dem Schlafschlamm Quatsch – aber das Bild dahinter stimmt. Irgendetwas hindert uns oft, das zu tun, was wir eigentlich wollen.

Manchmal weil uns der Mut fehlt, ein anderes Mal, weil wir nicht wach genug sind. Dann verschlafen wir schlicht den richtigen Moment. Sich vorzustellen, Schlafschlamm sei dran schuld ist gar nicht so schlecht. Denken sie ja nicht, Schlafschlamm wäre nur etwas Schlechtes. „Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf“. Steht schon in der Bibel und spätestens hier wird klar, Schlafschlamm kann auch ein Geschenk sein: Ein Humus fürs Leben, der vielmals gebraucht wird.

Aber was meint der biblische Spruch aus Psalm 127?  Das Lob des Müßiggangs? Mitnichten. Der Psalm ist ein Wallfahrtslied. Also haben es Pilger gebetet, wenn sie nach Jerusalem zum Tempel gezogen sind. Diesen hatte König Salomo in aller Pracht erbauen lassen. Mit keinem geringeren Ziel, als Gott ein Haus zu schenken, das seiner würdig war.

Der Psalmist sieht das Treiben wohl auch etwas kritisch: „Wenn der HERR nicht das Haus baut, mühen sich umsonst, die daran bauen.“ So beginnt der Psalm, der dann mit dem großen Lob des Schlafes weitermacht. Er schaut auf das, was unser menschliches Treiben, Streben und Wollen erreichen kann. Soll dieses Mühen von Erfolg gekrönt sein, braucht es die Verbindung mit Gott. Und die, so die beruhigende Botschaft des Psalmisten, gibt es auch im Schlaf.

Wenn es nach dem fröhlichen Wecker klingeln raus aus den Federn geht, können wir mit dieser göttlichen Kraft der munteren Wachheit ans Tagwerk gehen und versuchen, unsere Träume zu verwirklichen. Wenn uns da die Müdigkeit im Wege steht, landen wir wieder beim Schlafschlamm. Also einfach kräftig Beine und Arme bewegen und schon beginnt der Tag ganz anders. Wacher, aufmerksamer und mit einem Lächeln im Gesicht.

Wenn sie mal wieder aus ihren Träumen geweckt werden und nicht so richtig wissen, ob der Tag wirklich Sie meint, denken sie dran und schütteln sie den Schlafschlamm einfach ab. Ich wünsche Ihnen einen wachen Tag.

Über den Autor Guido Erbrich

Guido Erbrich, geboren 1964, ist Vater von vier Töchtern. Er lernte den Beruf des Tontechnikers bei Radio DDR und arbeitete bis 1987 beim Sender Leipzig. Danach schloss er ein kirchliches Abitur in Magdeburg ab. Sein Studium der Theologie führte ihn nach Erfurt, Prag und New Orleans. Im Bistum Dresden-Meißen war Erbrich bis 2002 Referent in der Jugendseelsorge. Danach wechselte er als Studienleiter und Referent ins Bischof-Benno-Haus nach Schmochtitz. Bis 2010 leitete Erbrich die Katholische Erwachsenenbildung Sachsen. Von 2010 bis 2020 war er Leiter der Heimvolkshochschule Roncalli-Haus Magdeburg. Seit 2020 ist er der Senderbeauftragte der Katholischen Kirche für den MDR.

Kontakt: Guido.Erbrich@bddmei.de