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Immanuel Kant

Wort zum Tage, 24.04.2024

Claudia Zinggl, Triefenstein

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2024 ist ein Kant-Jahr. Gewissermaßen ein Höhepunkt war am vergangenen Montag erreicht: Am 22. April vor genau 300 Jahren wurde Immanuel Kant geboren. In der deutschen Geistesgeschichte ragt er als Aufklärer heraus. Kaum eine andere Philosophie hat das moderne Denken so geprägt wie sein Verständnis von der Welt und vom Leben.

Da ist klar, dass der Gelehrte in verschiedenen Zusammenhängen gefeiert werden muss mit Ausstellungen, Dokumentationen im Fernsehen, Abhandlungen in Zeitschriften, in Internetforen. – Überall ist Kant gefragt wie schon lange nicht mehr. Allerdings muss er dabei auch für manches Befremdliche herhalten: Beispielsweise wird überlegt, ob Kant heute twittern oder was er zur Flüchtlingsfrage sagen würde. Weitere Spekulationen befassen sich damit, ob Kant die Organspende befürworten oder wie er im Umgang mit der KI helfen würde. 

Wenn Kants Philosophie nach Art eines Rezepts auf diese Probleme heute Antwort geben soll, ist das genau genommen blanker Unsinn. Um zu begreifen, welche Bedeutung sein Werk heute noch hat, sollte man sich vielmehr seinen Schriften widmen, sie lesen und dabei – wie Kant alle auffordert – sich seines eigenen Verstandes bedienen.

Bei der altertümlichen Sprache Kants kann das mühevoll sein. Aber es geht auch einfacher. Kant stellt vier zentrale Fragen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? – Wenn sich Christen mit diesen Fragen befassen, kann der christliche Glaube mit grundlegenden Aussagen beim Überlegen helfen. Ein Ergebnis in Kurzfassung könnte so formuliert werden: Der Mensch ist geschaffen als Gottes Ebenbild. Deshalb zeichnet ihn eine besondere Würde aus.

Wissen steht heute im Überfluss zur Verfügung. Um davon nicht überfordert zu werden, rät der Apostel Paulus, alles zu prüfen und das Gute zu behalten. Dann ist auch der Schritt zum Handeln einfach – nach dem Prinzip: Zu tun ist, was gut ist – für alle.

Und schließlich das Hoffen. Es ist mehr als Optimismus. Vielmehr bin ich erfüllt von der Erwartung: Es wird etwas Positives geschehen, auch wenn ich darüber noch keine Gewissheit habe. Wenn ich hoffe, weitet sich mein Horizont und ich schaue über die Gegenwart hinaus in eine Zukunft, die Gott bereithält.

Ob Kant das akzeptieren könnte trotz einiger Berührungspunkte mit seinen Erkenntnissen, ist wiederum fraglich. Für mich aber sind diese Gedanken ein Ausgangspunkt, um Kants Fragen immer wieder neu nachzugehen.

Über die Autorin Claudia Zinggl

Claudia Zinggl Theologin (JMU Würzburg), Geragogin (PH Karlsruhe). Bis zum Eintritt in die nachberufliche Phase Pastoralreferentin im Bistum Würzburg mit Aufgaben in  der Pfarreiseelsorge, in der Bildungsarbeit und in der kirchlichen Seniorenarbeit. Verfasserin von Beiträgen "Auf-ein-Wort" und "Katholische Morgenfeier" (BR).