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Das Universumkörbchen

Wort zum Tage, 24.10.2023

Andrea Wilke, Arnstadt

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Bei einem Wochenendseminar für Eltern mit ihren Kindern erzählt ein junges Mädchen in der Vorstellungsrunde, was sie gern  in ihrer Freizeit macht und was für sie besonders wichtig ist. Als sie dabei vom "Universumkörbchen" spricht, horchen alle auf. Universumkörbchen? Was soll das sein? Leonie, so heißt das Mädchen, versucht es zu erklären. Also wenn sie zum Beispiel im Wald Müll findet und den aufhebt und dann richtig entsorgt, dann hat sie etwas in das Universumkörbchen getan. Dafür kommt etwas Gutes zurück. Zum Beispiel, dass sich an dieser Stelle im Wald der Boden erholen kann. Oder dass ein Wanderer sich freut, an dieser Stelle keinen Müll vorzufinden, sondern ein gemütliches Plätzchen zum Rasten. Was an der einen Stelle Gutes getan wird, schlägt sich im Universum an anderer Stelle nieder. Das Gute kommt zurück, wenn auch nicht unmittelbar und auch nicht grundsätzlich an einen selbst.

So erklärt mir Leonies Mutter die Philosophie hinter dem Gedanken. Sie erzählte mir von dem Reiterhof, den ihre Familie betreibt. Anfangs war es ein aktiver Reiterhof. Doch mit Corona kam ein Umdenken. Jetzt beherbergt ihr Reiterhof elf alte Pferde und Ponys und zwei alte Esel. Aber geritten werden sie nicht. "Unsere Pferde sind keine Dienstleister. Sie müssen ihren Rücken nicht hergeben, damit wir unseren Spaß haben", sagt die Mutter.

Diese Ehrfurcht vor dem Leben der Tiere hat sie ihren Kindern mit auf den Weg gegeben. Überhaupt diese liebevolle Sicht auf die Umwelt. Manchmal haben ihre Kinder sie gefragt, warum sie eigentlich nicht fürs Versorgen der Tiere bezahlt werden. "Weil ihr das große Glück habt, mit den Pferden zusammen zu sein", hat sie ihnen geantwortet. Und für alle ist es selbstverständlich, dass sich erst um die Tiere gekümmert wird, ehe man den eigenen Freizeitvergnügungen nachgeht.

Mir gefällt es, wie hier eine gute Beziehung des Menschen zur gesamten Schöpfung gelebt wird. Deshalb würde ich das "Universumkörbchen" lieber "Schöpfungskörbchen" nennen. Als Gott den Menschen die Erde mit den Worten anvertraute: "Macht euch die Erde untertan", meinte er nicht, alles, was nur irgend möglich ist, aus ihr herauszuholen und sie auf Teufel komm raus auszubeuten. Der Mensch als Ebenbild Gottes soll so mit der Schöpfung umgehen, wie Gott es tut. Das heißt, der Mensch trägt auch die Verantwortung dafür, sich nicht nur zu nehmen, was er zum Leben braucht, sondern dafür zu sorgen, dass auch die Schöpfung gedeihen kann. Ein hochaktuelles Thema, welches sich angesichts der Klimakrise nicht mehr verschieben lässt.

Über die Autorin Andrea Wilke

Andrea Wilke wurde 1964 in Potsdam-Babelsberg geboren. 1989 - 1995 studierte sie Katholische Theologie in Erfurt und war danach bis 2002 tätig in der Forschungsstelle für kirchliche Zeitgeschichte an der Universität Erfurt. Sie ist Onlineredakteurin für die Homepage des Bistums und Rundfunkbeauftragte für den MDR im Bistum Erfurt.

Kontakt: Bischöfliches Ordinariat, Onlineredaktion, Herrmannsplatz 9, 99084 Erfurt

http://www.bistum-erfurt.de; awilke@bistum-erfurt.de