"Hier, kosten Sie mal." Der Mann, der mir eine Kostprobe anbietet, ist der Inhaber eines Hofladens in meiner Stadt. Hier kann ich Obst und Gemüse und viele andere Lebensmittel aus der Region kaufen. Ich verlange nach frischem Sauerkraut. Das ist so lecker, erzählt mir der Verkäufer, dass Kunden ihm schon sagten, es sei viel zu schade zum Kochen. Oh, das kenne ich, werfe ich ein, wenn wir früher loses Sauerkraut kauften, wurde es in eine Papiertüte gefüllt.
Doch auf dem Weg nach Hause wurde davon reichlich genascht, dass es meistens nur noch ein Teil davon in den Kochtopf schaffte. Der Verkäufer hält mir eine Gabel mit dem frischen Sauerkraut aus dem Fass hin. Es ist wirklich so lecker und ich bin froh, dass es diesen Laden hier gibt.
Sein Inhaber hat eine bemerkenswerte Geschichte. 15 Jahre war er beruflich in Führungspositionen konventioneller Supermärkte tätig. Genervt habe ihn dabei zunehmend, dass individuelle Kundenwünsche und der Druck nach Gewinnmaximierung gegeneinander spielen. Auf Dauer fühlte er sich nicht wohl damit. Und so schreibt er auf seiner Internetseite: "Also habe ich meine Komfortzone verlassen und versucht herauszufinden, was ich wirklich möchte und was mich wirklich glücklich macht."
So entstand 2019 der Stadthofladen. An Obst und Gemüse wird nur angeboten, was die Saison in der Region hergibt. Aber nicht zum möglichst niedrigsten Preis. Die Bauern sollen kostendeckend arbeiten können und über seinen Stadthofladen eine sichere Absatzquelle haben. So erreichen sie auch mehr Kunden als über ihre eigenen oft nur kleinen Hofläden mit begrenztem Sortiment. Während ich mir Kartoffeln, an denen noch Erde haftet, in die Tasche packe, erzählt er mir von den Bauern und anderen Lieferanten. "Was Sie hier an losem Obst und Gemüse bekommen, ist wirklich aus der Region", betont er. "Und es ist nicht behandelt, um es irgendwie haltbarer zu machen."
Ich verstehe. Wenn im Supermarkt irgendwo draufsteht: "Aus der Region", muss das nicht zwangsläufig heißen, dass es tatsächlich in der Region geerntet wurde. Der Begriff "Region" ist gesetzlich nicht definiert und wird unterschiedlich verwendet. Also Möhren zum Beispiel, die einige hundert Kilometer vom Supermarkt entfernt angebaut wurden, dürfen durchaus als regional verkauft werden. Wenn Lebensmittel von außerhalb der Region herbeigeschafft werden, um den Bedarf zu decken, finde ich das völlig in Ordnung. Doch dann sollte es auch draufstehen. Ich mag es nämlich ehrlich. In allen Lebensbereichen. Weil ich gern immer wissen möchte, woran ich bin.