Übergangszeit. So nennt man manchmal diese Zeit des Jahres zwischen Winter und Sommer. Wenn mitunter an ein und demselben Tag morgens noch ein paar Schneeflocken vom Himmel rieseln und am Nachmittag die Sonne strahlt und uns erste, zarte Frühlingsgefühle beschert. Eine Ahnung von Sonne und Wärme, von lauen Abenden hinter dem Haus, von Urlaub und Entschleunigung. Und doch gibt es so oft noch das Andere. Kälte, steifer Wind und Regenschauer. Ich erlebe diese Zeit immer als eine Zeit des Dazwischen, des Ungefähren und noch nicht Entschiedenen. Eine Zeit des Schon und Noch-Nicht. Ich gebe zu, ich mag sie nicht so. Viel lieber habe ich es klar und eindeutig. Denn alles, was klar und eindeutig ist, macht das Leben einfacher.
Dabei beschreibt genau dieses Unbestimmte, Offene, dieses Schon und doch Noch-Nicht für mich am besten den Gott, an den ich glaube. Ein Gott, den ich einfach nie fassen, über den ich nur in Bildern und Analogien sprechen kann. Der in den biblischen Erzählungen oft in Phänomenen der Natur erscheint. Mal in einem Dornbusch, der brennt. Dann wieder im Säuseln des Windes. Ein Gott, der aus den Wolken zwar zu Mose spricht, aber niemals darin zu erkennen ist. Ein Gott im Dazwischen sozusagen, der sich selbst einmal beschreibt als "Ich bin da". Ein Gott, der immer unbegreiflich bleibt. Menschen nehmen ihn so verschieden wahr, wie wir Menschen nunmal sind. Auch davon erzählen die biblischen Geschichten.
Und darum bin ich immer etwas ratlos, wenn mir Menschen begegnen, die den Eindruck erwecken, diesen Gott genau zu kennen. Die von ihm reden wie von einem guten Bekannten. Die genau wissen, was er alles von uns verlangt und vor allem, was er uns verbietet. Beneidenswert geradezu. Aber da sträubt sich etwas in mir.
Denn was wäre am Ende ein Gott, der kein Geheimnis mehr ist? Der gute Kumpel? Der Oberaufseher, der alles sieht? Die Moralinstanz, die mir sagt, wie ich zu leben habe? Nein, ich werde weiter nach Gott suchen. Am liebsten im Dazwischen. Im Unentschiedenen. Im Schon und Noch-Nicht. Mit offenen Augen und Ohren. Und vor allem mit offenem Herzen. Und vielleicht ahne ich dann ja, dass er da ist. In Begegnungen mit Menschen, die meine Seele angerührt haben. In der Natur, wenn sie mich mit ihrer Schönheit überwältigt. In einem Text oder einer Musik, die noch lange in mir nachklingt. Genauso, wie sich Gott einmal selbst beschrieben hat: Ich bin da! Überall. An jedem Ort. Dazwischen.