Meist schauen sie ernst und fromm von ihren Sockeln herunter. Sie tragen Sandalen, Gewänder und einen Schein – die Heiligen. Fröhlich jedenfalls, sehen sie meistens nicht aus. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel. Da gibt es tatsächlich einen frommen Spaßvogel, der heiliggesprochen wurde. Philipp Neri heißt er und wenn man zu einem Heiligen sagen kann, er wäre froh und munter, hier passt es. Aber er ist mehr als das. Hinter seinem überschäumenden Humor steckt die tiefe Überzeugung, dass ein froher Sinn der beste Weg sei, selbst gütig und barmherzig zu sein und dass zur christlichen Botschaft die Freiheit gehört.
1515 kommt Filippo in einem armen Viertel in Florenz zur Welt. Er soll Kaufmann werden, verteilt jedoch die Einnahmen so freigiebig an Bettler, dass sein Lehrmeister froh ist, als Filippo beschließt nach Rom zu wandern. Dort schlägt er sich erstmal durch, ist Hauslehrer, hilft in heruntergekommenen Spitälern und verwickelt ganz nebenbei die Leute in kluge Gespräche über Leben und Tod, Gott und die Ewigkeit. Mit Kindern tollt er über selbstgebaute Spielplätze, putzt mit ihnen Kirchen oder bettelt für Bedürftige. Heute wäre er wohl eine Mischung aus Sozialarbeiter, Erlebnispädagoge und Krankenpfleger.
1551 wird Phillip Neri zum Priester geweiht – das hatte einiger Überredungskünste bedurft. Schließlich erfüllt er dieses Amt auf seine Weise mit Leben. Mal zieht er den Chorrock falsch rum an, rasiert nur eine Gesichtshälfte und macht so einiges, was man durchaus als verrückt bezeichnen darf. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Immer wieder hat er Visionen, betet stundenlang, ist kaum ansprechbar. Er sammelt eine Gruppe von Schülern um sich: Handwerksgesellen, Bauern, bekehrte Lebemänner aus allen Schichten der Gesellschaft. Abends treffen sie sich zu Gebet, geistlichen Lesungen und Vorträgen.
Da dürfen auch Laien, also Nicht-Priester, predigen. So entsteht das Oratorium. Eine Gemeinschaft ohne Kloster, Gelübde und feste Regeln. Die Oratorianer, wie sie genannt werden, kümmern sich auch um die Erneuerung des Gottesdienstes und um moderne sakrale Musik. Bald wird Filippo von den Römern "Il Santo" – der Heilige genannt, er berät Kardinäle und Professoren ebenso wie arme Familien und Bettler.
Als ein missmutiger Kardinal überprüfen will, ob Philipp die Messe würdig und recht feiert, stottert er die Gebete absichtlich kaum verständlich herunter und erkundigt sich danach verschmitzt beim hohen Würdenträger, ob der sich auch schön geärgert habe. Der Papst will ihn zum Kardinal machen – aber "Il Santo" schickt ihm fröhlich den Kardinalshut zurück.
Am 26. Mai 1595 starb Philipp Neri, 80-jährig in Rom.