"Wir loben die kleinen Schritte.
Den Mann, die Frau, die das voreilige Wort nicht aussprechen.
Die Stimme, die sagt: Pardon, ich bin schuld.
Die über den Zaun des lästigen Nachbarn gestreckte Hand."
So beginnt das Lob der kleinen Schritte von Rudolf Otto Wiemer über Zeichen der Versöhnung und des Neuanfangs zwischen Menschen. Mögliche, gangbare Schritte, die etwas verändern und in Bewegung bringen. In der Seelsorge erlebe ich immer wieder, wie verfahren Lebenssituationen von Menschen sein können, zwischen Kindern und Eltern bis ins vorgerückte Alter, zwischen Arbeitskollegen – ja, selbst in Freundschaften und Ehen. Manche Kränkung sitzt tief, manchmal wird sie auch gefüttert, wenn man immer wieder davon anfängt. Wieviel Lebenszeit wird oft verbraucht, um anderen, oder uns selbst etwas nachzutragen! Und das Gute, das Lebendige und Helle, das wir alle in uns bergen, wird so blockiert und kann sich nicht entfalten.
Es ist wahr, dass man Unrecht nicht einfach wegwischen und vergessen kann. Vergebung und Versöhnung können nicht verfügt oder angeordnet werden. Das Lob der kleinen Schritte ermutigt uns, sich nicht damit abzugeben, dass es Streit und Verletzungen gab. Sie sind eine Einladung, es zu versuchen, einer anderen Wirklichkeit eine Chance zu geben.
"Wir loben die kleinen Schritte.
Die Faust in der Tasche.
Die nicht zugeschlagene Tür.
Das Lächeln, das den Zorn wegnimmt."
Christen glauben an einen Gott, der von sich aus, den entscheidenden Schritt schon gesetzt hat. In Jesus Christus ist er Mensch geworden und Gott kommt uns in Liebe entgegen. Wir dürfen diese Bewegung aufeinander zu aufgreifen und nachahmen – den eigenen kleinen Schritt wagen. Hartherzigkeit gibt es auch bei Christinnen und Christen. Aber eben auch das Vorbild des Jesus von Nazareth. Sein großes Lebensthema ist die Versöhnung zwischen Menschen und Gott und der Menschen untereinander.
"Denn Versöhnung ist möglich und lebbar!
Wir loben die kleinen Schritte.
Den kritischen Blick in den Spiegel.
Die Hoffnungen für den anderen.
Den Seufzer über uns selbst."