Es nagt an ihm, unaufhaltsam. Es macht ihn wahnsinnig, Panik steigt in ihm auf. Was hatte er nur getan? – Ja, all diese Fragen mögen ihn umgetrieben haben. Wer versucht unvoreingenommen auf die Figur des Judas zu schauen, der wird einen Mann sehen, der mit den Folgen seiner Tat nicht leben kann und den sein schlechtes Gewissen am Ende dazu treibt, sich selbst umzubringen.
Im heutigen Alltagsverständnis ist Judas jedoch nur eins: Ein Verräter, ja sogar der Prototyp eines Verräters. "Du Judas". ist bis heute ein Schimpfwort für jemanden, der die Seiten gewechselt hat. Was aber hat Judas damals bewegt Jesus an die Soldaten auszuliefern?
30 Silberlinge hatten die Hohenpriester ihm bezahlt, damit er ihnen den Ort verrät, an dem sie Jesus – ohne großes Aufsehen – festnehmen können. Es kommt zu der berühmten Szene im Garten Getsemani. Judas gibt Jesus zur Begrüßung einen Kuss und zeigt den Wachen so, wen sie festnehmen sollen. Doch als Judas dann Zeuge des Todesurteils von Jesus wird, bereut er seine Tat.
"Er brachte den Hohepriestern und den Ältesten die dreißig Silberstücke zurück und sagte: Ich habe gesündigt, ich habe unschuldiges Blut ausgeliefert. Sie antworteten: Was geht das uns an? Das ist deine Sache."
So wird die Szene im Matthäusevangelium beschrieben. Aber warum hat Judas seinen Freund überhaupt verraten? Denkbar ist, dass er einfach genug von Jesu Worten hatte und endlich Taten sehen wollte. Wenn es stimmte, dass Gott etwas auf dieser Welt verändern wolle und das durch Jesus, dann sollte dieser Jesus doch endlich dafür kämpfen, nicht nur mit Worten, sondern auch mit dem Schwert.
Vielleicht war es also heiliger Eifer, der Judas zum Verrat bewegt hat. Vielleicht war es aber auch ganz einfach das Geld. Fakt ist: Wir wissen es nicht.
Die Figur des Judas erscheint heute abstoßend und irgendwie faszinierend zugleich. Bei dem großen Fernseh-Event „Die Passion“ das heute Abend wieder zu sehen sein wird, da war vorab die erste Frage, die das Publikum interessierte: Wer spielt Jesus? Und die Zweite direkt: Wer spielt Judas?
Die Frage nach dem absolut Guten stellt sich voller Neugier genauso wie die Frage nach dem absolut Bösen. Judas zeigt, wozu Menschen fähig sind. Doch auch wenn unsere Fehler nicht so existenziell sind wie die von Judas, so zeigt seine Geschichte auch, was es mit uns macht, wenn niemand da ist, der uns unsere Fehler vergibt. Es lässt uns verzweifeln. Und so steht Judas am Ende nicht bloß für das Böse, sondern er ist auch eine tragische Figur, die uns mahnt, die Folgen unseres Handelns zu bedenken.