Newsletter

Glaube in der Welt

Wort zum Tage, 28.01.2025

Pfarrer Lutz Nehk, Berlin

Beitrag anhören

"Was ist eigentlich Glaube?" Eine gute Frage. Der biblische Hebräerbrief gibt darauf eine kurze und knappe Antwort: "Glaube ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht." (Hebr 11,1) Als Beispiel für einen glaubenden Menschen wird Abraham genannt.

Er hat Gott geglaubt. Ohne Gewissheit auf dessen Zuverlässigkeit, hat er seine Heimat verlassen und ist in ein Land gezogen, das ihm als gutes und fruchtbares Land verheißen wurde. Er hat sich auf diesen Gott eingelassen und seiner Verheißung getraut: Du wirst ein großes und bedeutenden Volk sein. Du sollst für die Menschheit ein Segen sein, lesen wir im Buch Genesis im Alten Testament der Bibel. (vgl. Gen 12, 1)

Abraham gilt als der Vater aller Glaubenden, der jüdischen, der christlichen und der muslimischen Religion.

"Überzeugt sein von Dingen, die man nicht sieht." Das entführt uns in eine jenseitige Welt. Relevant werden Dinge die sich "droben" und "dereinst" abspielen: Heil, Herrlichkeit, ewiges Leben. Das "hienieden" wird zum Jammertal und das Leben zur Last. Glaube wird zur Vertröstung und Macht haben die, die über die Trostmittel verfügen.

Diese Religionskritik ist nicht von der Hand zu weisen. Lange Zeit hat das so funktioniert. Jede Mündigkeit des Christenmenschen wurde abgebügelt.

In diesem Jahr, allerdings erst im Dezember, wird ein Beschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils 60 Jahre alt. "Gaudium et spes" – "Freude und Hoffnung". Über die Kirche in der Welt von heute. Im Verlauf des Textes kommt das Konzil auf ein sehr diesseitiges Thema zu sprechen: das Gemeinwohl. "Die gesellschaftliche Ordnung und ihre Entwicklung müssen sich dauernd am Wohl der Personen orientieren", lese ich da. (GS 226) Hier geht es nicht um ein Vertrösten auf ein jenseitiges Wohl. Das Wohl der Menschen hier und jetzt ist ein Ziel der Kirchen als eine Gemeinschaft der Glaubenden.

"Überzeugt sein von Dingen, die man nicht sieht." Dieser Satz wird für mich überzeugender, wenn ich sage: "… die man noch nicht sieht". So wird für mich die Überwindung des "hiesigen Jammertals" als ein Etappenziel festgelegt. Was ich erhoffe und wovon ich überzeugt bin, also was ich glaube, hat immer eine Bedeutung für die Welt in der ich lebe und für die Menschen mit denen ich lebe. So formuliert es das Konzil: "Darum erfährt diese Gemeinschaft [der Glaubenden] sich mit der Menschheit und ihrer Geschichte wirklich engstens verbunden." (GS 1)

Über den Autor Pfarrer Lutz Nehk

Lutz Nehk (Jahrgang 1957) ist Pfarrer an der Katholischen Schule Liebfrauen in Berlin-Charlottenburg. Seit 2014 ist er zudem "Beauftragter des Erzbistums Berlin für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit" und ist Mitarbeiter an der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum in Berlin-Plötzensee.

Kontakt: lutznehk@t-online.de