Langsam werden die Tage wieder länger. Im Garten sieht allerdings manches noch winterlich aus. Laubreste auf der Wiese. An dürren Ästen und kahlen Bäumen nur zaghafte filigrane Strukturen, wenig Farbe, vieles ist trist und grau; dunkelgrünes Moos beherrscht den Boden. Es ist jetzt höchste Zeit Sträucher und Hecken zurückzuschneiden, auch wenn ich im ersten Moment nicht so recht Lust dazu habe. Im Herbst habe ich mir genau angeschaut, wo ich eingreifen will, manches ist auch schon getan.Hier hat ein Baum zu wenig Platz, um zu wachsen. Da hängen Äste zu weit auf den Gehweg. Dort schließlich nehmen Zweige dem Blumenbeet und zwei Weinstöcken viel Sonnenlicht weg. Jetzt schaffe ich Platz für den Frühling und den Sommer. Hoffentlich spielt das Wetter mit.
Gartenarbeit. Ich werde dreckig sein. Mühsam wird es werden. Den Astschnitt muss ich für den Kompost zerkleinern, größere Äste mit dem Anhänger zur Nahwärmeanlage transportieren. Tief in mir schlummert, merke ich, ein leiser Zweifel. Warum überlasse ich nicht alles sich selbst? Kann die Natur nicht sorgen, dass alles gut wird? Warum schaue ich nicht einfach zu, wie alles wachsen wird? Her mit einem Urwald! Aus Erfahrung weiß ich: Wenn ich nicht eingreife, werden sich einige wenige Pflanzen gnadenlos ausbreiten. Sie werden in die Regenrinnen wuchern. Auf Kosten der anderen Gewächse werden sie alles dominieren. Schön wird das nicht werden. Zumindest wird es mir nicht gefallen.
Nein, dann lieber die Ärmel hochkrempeln. Trotz aller Mühe freue ich mich auch darauf. Abends kann ich sehen, was ich geleistet habe. Und in den kommenden Wochen und Monaten genießen, was ich gestaltet habe.
Ein Garten ist kein Urwald. Menschen haben wohl, so lange es sie gibt, in die Natur eingegriffen. Manchmal verhängnisvoll. Ganze Landstriche haben wir abgeholzt, Monokulturen angelegt. Wir haben uns selbst damit sehr geschadet. Arbeiten im Garten erinnert mich dagegen an die Verantwortung, die ich habe. Ich muss mit Augenmaß und Klugheit ans Werk gehen. Dann wird es gut, meine ich.
Das erste Buch der Bibel, das Buch Genesis, zeichnet ein großartiges Gartenbild: Diesen Garten dort schafft Gott selbst, und er behütet ihn. Denn ein Garten ist geschützter Raum. In ihm herrscht Leben in Fülle, er ist ein Paradies. Im Garten zu arbeiten hält in mir die Erinnerung daran wach, dass ich selbst Geschöpf bin. Auch ich brauche Lebensraum. Einen geschützten Bereich. Dankbar vertraue ich, dass Gott dieser große und gute Gärtner ist, der auf mich achtet und mir Raum zur Entfaltung schafft – heute und an jedem Tag.