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Blüten

Wort zum Tage, 28.02.2025

Kaplan Andreas Hahne, Viersen

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Wenn ich ganz genau hinsehe, dann sind sie schon fast an jedem Baum zu sehen: die Knospen. Ich freue mich darüber, weil sich damit ganz zaghaft schon der Frühling ankündigt. Zugleich macht es mir bewusst: der Zeitpunkt, zu dem die Natur wieder zum Leben erwacht, rückt im Jahr immer weiter nach vorne. Es ist eine Folge der Erderwärmung, die nachweislich vor allem durch Menschen verursacht worden ist. Und das ist etwas, was mich beunruhigt. Viel wurde in den vergangenen Jahren diskutiert, wie damit umzugehen ist, und Manches hat sich auch schon zum Besseren hin entwickelt. Doch zu oft scheinen andere Interessen wichtiger zu sein, auch weil sie greifbarer sind.

Ich denke, das ist ganz menschlich. Es mag einem sogar logisch erscheinen, weniger mit dem Auto zu fahren, Flugreisen zu reduzieren oder sich bewusster zu ernähren. Aber sein Verhalten nur aufgrund rationaler Überlegungen anzupassen, ist schwierig, gerade dann, wenn das eigene Leben dadurch zunächst komplizierter und unbequemer wird. Wer verzichtet schon gerne auf etwas? Solange man nicht wahrnimmt, dass Veränderungen auch einem selbst guttun, ist es schwierig, sein Verhalten anzupassen.

Und genau da helfen mir die Knospen. Wenn ich durch den Wald gehe, den Duft der Bäume rieche, die Pflanzen auf dem Boden sehe, das Moos ertaste oder die Vögel höre, merke ich, wie gut das für mein eigenes Wohlbefinden ist.

Und das kann sich auf mein Verhalten auswirken, denn was ich schätze, das schütze ich. Wenn ich merke, dass ich etwas genieße, dann möchte ich es auch erhalten und setze mich dafür ein. Dann bin ich eher bereit, mein Verhalten zu ändern, als wenn ich mir nur im Kopf klarmache, dass es eigentlich notwendig ist. Das ist nicht nur ein Gefühl, sondern lässt sich belegen, wie der Psychologieprofessor Marcel Hunecke gezeigt hat.

Aber wie lässt sich das in die Tat umsetzen? Die Natur bei einem Spaziergang bewusst zu genießen, kann eine Möglichkeit sein. Beim Essen zu versuchen, möglichst viel herauszuschmecken, eine andere. Als religiöser Mensch kann ich darüber hinaus noch spüren: ich bin Teil dieser Schöpfung, die Gott gewollt hat. Die Umwelt steht mir nicht gegenüber als etwas Fremdes, sondern ich gehöre dazu. Und genauso gehören Menschen dazu, die heute leben und die später noch leben werden. Auch sie sollen die Chance haben, das zu riechen, zu hören oder zu sehen, was mich so zufrieden macht. Wenn ich will, dass auch andere Menschen dasselbe genießen können, motiviert mich das sogar eher, auf etwas zu verzichten, was ich gar nicht brauche.

Über den Autor Andreas Hahne

Andreas Hahne, geb. 1984, ist Kaplan in der kath. Kirchengemeinde St. Remigius, Viersen. Er hat von 2017 bis 2021 Theologie in Frankfurt/Sankt Georgen und Brixen (Südtirol, Italien) studiert. 2023 ist er in Aachen zum Priester geweiht worden. Vor seinem Theologiestudium hat er als IT-Berater und Projektleiter in Köln gearbeitet. Seine Hobbys sind Volleyball, Wandern und Musik.

Kontakt: andreas.hahne@bistum-aachen.de