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Bedeutung haben

Wort zum Tage, 28.03.2025

Claudia Zinggl, Triefenstein

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Immer wieder betrachtet meine Cousine Marion die Karte, die sie eben im Briefkasten entdeckt hat. Wie in jedem Jahr hat ihr eine Freundin aus der Schulzeit zum Geburtstag gratuliert. "Dass sie immer noch an mich denkt..." – Marion freut sich überaus. – Ganz ähnlich hat sich auch unser Nachbar Thomas gefreut, als sein Abteilungsleiter ihn beiseite genommen hat. Er will von ihm wissen, wie er die neu angeschaffte Maschine beurteilt: "Ich weiß, dass Sie Erfahrung haben und dazu etwas sagen können" – so der Kommentar des Vorgesetzten. Viel Wertschätzung klingt aus ihm heraus.

Der Geburtstagsgruß und die Nachfrage im Betrieb – diese völlig unterschiedlichen Szenen haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind in den großen Zusammenhang einzuordnen, den Psychologen und Soziologen mit dem englischen Begriff "Mattering" bezeichnen. "Mattering" – das heißt "für andere Bedeutung haben". Konkret lässt sich "Mattering" zum Beispiel so beschreiben: Da hat sich jemand meinen Namen gemerkt und mich angesprochen. Da kümmert sich jemand um mich. Da ist meine Einschätzung gefragt.

Wahrnehmung, Bedeutsamkeit, Verlässlichkeit – das sind die drei Komponenten, die "Mattering" ausmachen. Gesehen, gehört und gebraucht zu werden – das fühlt sich gut an, es erhöht die Lebenszufriedenheit und stärkt den sozialen Zusammenhalt. Ob im beruflichen oder persönlichen Zusammenhang: Wer sich bedeutsam fühlt, entwickelt Widerstandskraft gegenüber Herausforderungen und kann mit Stress und Krisensituationen besser umgehen. Zudem kann jeder und jede "Mattering" leicht im Alltag fördern, indem man Interesse füreinander zeigt, Zeit miteinander verbringt, Anerkennung schenkt und einander unterstützt.

So kann "Mattering" eine Kraftquelle für das Wohlbefinden und ein Gegenkonzept zu den Spaltungstendenzen in der Gesellschaft werden. Es kann die Anonymität und Unverbindlichkeit mindern, die in der digitalisierten Welt entstehen. Christen können darüber hinaus "Mattering" in einer zusätzlichen Dimension erleben. Sie dürfen darauf vertrauen, dass Gott sie kennt und dass er es gut mit ihnen meint.

"Siehe, ich habe deinen Namen in meine Hand geschrieben" (Jes 49,16). Wie viele andere zeigt diese Bibelstelle, dass für Gott jeder Mensch zählt und Bedeutung hat. Gott schreibt die Menschen, die zu ihm gehören wollen, in seine Hände. Er braucht nur seine Hand zu öffnen und schon denkt er an sie. Damit verbunden ist das Versprechen: Gott hält die Menschen in seiner Hand. Das gibt ihnen Sicherheit und Geborgenheit für das ganze Leben und weit darüber hinaus.

Über die Autorin Claudia Zinggl

Claudia Zinggl Theologin (JMU Würzburg), Geragogin (PH Karlsruhe). Bis zum Eintritt in die nachberufliche Phase Pastoralreferentin im Bistum Würzburg mit Aufgaben in  der Pfarreiseelsorge, in der Bildungsarbeit und in der kirchlichen Seniorenarbeit. Verfasserin von Beiträgen "Auf-ein-Wort" und "Katholische Morgenfeier" (BR).