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Gott im Fuldaer Dom

Wort zum Tage, 28.08.2023

Guido Erbrich, Biederitz

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Urlaubszeit. Mit unserer Familie erleben wir die Rhön: wunderschöne Natur, Berge, Täler, Bäche, Moore, kleine und große Städte. An einem regnerischen Tag landen wir in Fulda.  Barock pur. Und natürlich gehen wir auch in den Dom.

Und der überrascht. Nicht wegen seiner barocken Pracht – die kann man mögen oder nicht. Auch nicht wegen des Grabes des heiligen Bonifatius, der in der Kirche bestattet ist. Darauf kann man sich in jedem Reiseführer vorbereiten. Nicht vorbereiten kann man sich auf die aktuelle Kunstaktion im Dom. Und die ist tatsächlich eine Überraschung. Denn sie schafft es aus einer Besucherkirche, die jeder für sich durchstreift, eine Mitmachkirche zu machen, die einlädt an vielen Stellen selbst aktiv zu werden

Die für mich großartigste Aktion ist eine kleine Lichtinstallation. Da steht ein Schriftzug vor einem Nebenaltar und zwei Griffe zum Anfassen. Allerdings sind diese so weit voneinander entfernt, dass es unmöglich ist, beide allein und gleichzeitig zu greifen. Da braucht es einen zweiten Menschen. Wenn beide den Griff berühren passiert – …nichts. Aber wenn beide mit einer Hand den Griff umfassen und sich mit den freien Händen die Hand reichen leuchtet der Schriftzug auf: "Ich bin hier".

So wird diese Mitmachaktion zu einem einfachen, modernen Gleichnis für den Satz Jesu: "Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen."

Da ist der liebe Gott ja auch nicht zu sehen, obwohl wir Menschen durchaus spüren können, wenn uns eine geheimnisvolle Kraft erfüllt, wenn wir gemeinsam unterwegs sind. Ja, wenn wir eines Geistes sind, wie es die Bibel fromm und poetisch formuliert.  Oder wenn wir uns mögen, uns lieben, uns gernhaben.

Was ist das für eine Kraft, nur die Kraft der Hormone oder ist da mehr?

Ich glaube, da ist mehr und ehrlich, ich glaube, dass "Gott" dahintersteckt. "Gott ist die Liebe", schreibt Paulus. Genauso sagen es vielen Theologen und heilige – Männer und Frauen. Oft in nicht ganz leichten theologischen Formulierungen. Die Kunst hat es da leichter. Gott berührt uns. Genauso, wie es das berühmte Bild von Michelangelo in der sixtinischen Kapelle zeigt. Da berührt der Schöpfergott den frisch erschaffenen Adam zart mit seinem Finger. Auf andere Weise zeigt es die leuchtende Installation im Fuldaer Dom. Da reichen sich zwei Ebenbilder Gottes – wie die Bibel uns Menschen ja auch nennt – die Hände und Gott kommt dazu.

Die Aussage beider Werke: Gott steht in direkter Beziehung zu uns Menschen. Diese ist zart und überraschend – und wir müssen und schon etwas Mühe geben, wenn wir es spüren wollen.

Über den Autor Guido Erbrich

Guido Erbrich, geboren 1964, ist Vater von vier Töchtern. Er lernte den Beruf des Tontechnikers bei Radio DDR und arbeitete bis 1987 beim Sender Leipzig. Danach schloss er ein kirchliches Abitur in Magdeburg ab. Sein Studium der Theologie führte ihn nach Erfurt, Prag und New Orleans. Im Bistum Dresden-Meißen war Erbrich bis 2002 Referent in der Jugendseelsorge. Danach wechselte er als Studienleiter und Referent ins Bischof-Benno-Haus nach Schmochtitz. Bis 2010 leitete Erbrich die Katholische Erwachsenenbildung Sachsen. Von 2010 bis 2020 war er Leiter der Heimvolkshochschule Roncalli-Haus Magdeburg. Seit 2020 ist er der Senderbeauftragte der Katholischen Kirche für den MDR.

Kontakt: Guido.Erbrich@bddmei.de