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Immer mit Liebe

Wort zum Tage, 28.08.2024

Martin Wolf, Mainz

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Wenn ich alles könnte und wüsste und vielleicht der frömmste Mensch auf Erden wäre. Solange ich nicht Liebe in mir habe, ist alles andere ziemlich sinnlos.

Zeilen, die gut und gerne dem Songtext eines romantischen Schlagers entsprungen sein könnten. Sind sie aber nicht. Sie finden sich, etwas anders formuliert, in der Bibel, im Brief des Apostels Paulus an die Korinther (1 Kor 13). In einem kleinen Abschnitt, der zu den beliebtesten Texten bei kirchlichen Hochzeiten gehört. Für mich steckt in den Zeilen aber viel mehr als romantische Gefühlsaufwallung. Nämlich tiefe Lebensweisheit.

In einem Ratgeber für Lehrerinnen und Lehrer habe ich einmal Anregungen gefunden, wie es gelingen kann, Kinder stark zu machen fürs Leben. Neben vielem anderen gab es da eine Sache, auf die es besonders ankommt: Liebe. Klingt erstmal simpel und selbstverständlich, ist manchmal aber leider ziemlich schwer. Denn es kommt vor, dass Eltern ihren Kindern nicht genug davon mitgeben können. Nicht, weil sie das nicht wollten. Aber manchmal sind die eigenen Sorgen und Probleme so übermäßig groß, dass einfach nicht genug Kraft für Andere übrigbleibt. Und jemand, der als Kind nie genug Liebe bekommen hat, der hat es oft auch als Erwachsener mächtig schwer im Leben. Was auf den ersten Blick also banal klingen mag, ist letztlich geradezu lebenswichtig: Liebe macht stark und widerstandsfähig. Kinder ebenso wie Erwachsene. Weil sie ein tiefes Vertrauen ins Leben schenken kann.

Und deshalb geht es in diesen Zeilen aus der Bibel, die wie ein Schlagertext klingen, auch nicht so sehr um die großen Gefühle; weder um Schmetterlinge im Bauch, noch darum, Kinder übermäßig zu behüten vor allen Zumutungen des Lebens. Es geht um eine Liebe, die stark macht. Doch was so eine Liebe ist, was sie ausmacht, das ist gar nicht so leicht zu beschreiben. Und deshalb nehme ich nochmal den kleinen biblischen Text in die Hand, der mir dafür passende Worte liefert. "Die Liebe ist geduldig", heißt es da. Zum Beispiel mit der Oma, auch wenn sie dieselbe Geschichte schon hundertmal erzählt hat. "Die Liebe ist gütig, begegnet anderen also mit Wärme und Barmherzigkeit. Sie prahlt nicht und spielt sich nicht auf. Sie lässt sich nicht zum Zorn reizen und trägt auch Böses nicht nach."

Das ist kein Programm, das ich als Christ abarbeiten müsste. Kein "du sollst" oder "du musst". Es ist eher ein Spiegel, in dem ich sehen kann, ob ich sie wirklich lebe: Eine Liebe, die stark macht und aufleben lässt. Mich selbst und andere.

Über den Autor Martin Wolf

Martin Wolf wurde 1962 in Schwerte geboren. Er studierte Katholische Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Seit 1990 ist er beim Bistum Speyer beschäftigt. Von 1993 bis 2004 war er als Pastoralreferent in verschiedenen Pfarreien des Bistums Speyer tätig. 2004 wurde er Leiter der Katholischen Hochschulgemeinde in Kaiserslautern. Als Autor ist er in der Katholischen Rundfunkarbeit bereits seit 2002 engagiert. Von 2010 bis 2017 war er auch Beauftragter des Bistums Speyer beim Südwestrundfunk (SWR) und Saarländischen Rundfunk (SR). Seit Juni 2017 ist Martin Wolf Landessenderbeauftragter der Katholischen Kirche beim SWR in Mainz. Wolf ist verheiratet und hat gemeinsam mit seiner Frau zwei Töchter.