Heute ist der 29. Februar: Nur alle vier Jahre kommt dieser Tag vor. 2024 ist ein Schaltjahr. Die Zeit - eine faszinierende Größe. Mal eilt sie, mal schleicht sie nur vorwärts. Während einer Krankheit nimmt eine Nacht manchmal kein Ende. Während einer Urlaubsreise oder bei einer Begegnung mit lieben Menschen aber, vergeht Zeit wie im Flug.
Seit Urzeiten haben Menschen versucht, die Zeit zu erfassen. Sie haben den Lauf der Gestirne beobachtet, Gesetzmäßigkeiten von Sternen und Mond, vor allem der Sonne erforscht. Der Schalttag heute erweckt den Eindruck: Wir haben die Zeit im Griff. Wir tragen Uhren am Handgelenk, Handys geben sie sekundengenau an.
Mich beeindrucken besonders Kirchturmuhren. Eine, die mir gut gefällt, schmückt den Campanile der Kirche Maria Immaculata in München. Ein himmelblaues großes Ziffernblatt, Sonne und Mond auf dem Stunden-, ein Stern auf dem Minutenzeiger. Ich lese diese Uhr als freundliche Ermahnung: Werde glücklich in dieser Zeit!
Wie das geht, davon erzählt der Straßenfeger Beppo in Michael Endes Roman Momo.
"Siehst du, Momo", erzählt Beppo seiner 10-jährigen Zuhörerin, "manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, das kann man niemals schaffen, sie zu kehren." Dann fährt er fort: "Und dann fängt man an, sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird. Und man strengt sich noch mehr an, kriegt Angst, und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. So darf man es nicht machen. Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten." Beppo hält inne: "Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein."
Tag für Tag habe ich so unendlich viel zu tun; oft dasselbe, aber doch mühsam. Ich will Zeit für mich. Rasch noch diese Arbeit, rasch noch eine Mühe, dann habe ich frei – Irrtum! Zeit ist meinem Zugriff entzogen. Ich kann sie nicht sammeln oder gar sparen wie Momos Gegner, die "grauen Männer" behaupten. Aber ich kann Zeit genießen, sie nutzen, sie empfangen. Das klingt seltsam, aber das ist das Geheimnis des Glücks. Beppo hat dieses Geheimnis entdeckt. Er teilt es mit uns.
Zeit ist nicht Menge, nicht verfügbar. Die Uhr am Kirchturm sagt: Lass dir die Zeit schenken. Warum nicht jetzt gleich?!