Sie sitzen auf den Straßen und kleben sich fest. Die Frauen und Männer, die davon überzeugt sind: Wir brauchen jetzt einen radikalen Wandel für das Klima, um zukünftigen Generationen ein lebenswertes Leben auf der Erde zu ermöglichen. Auch wenn man ihre Aktionen kritisch beleuchten kann und es wie meistens in Zusammenschlüssen dieser Art auch Ausreißer gibt, deren Ansichten vielleicht über das eigentliche Ziel hinausgehen, so imponiert mir doch, wie entschlossen sie sind. Ich spüre: sie sind beunruhigt und in ihrem Tun unbequem konsequent.
"Der Widerstand beginnt mit Wahrnehmung." Davon ist der Schriftsteller Ingo Schulze überzeugt. Für ihn heißt das: "Sehen, was ist und darauf reagieren..." Klingt einfach, ist es aber nicht, denn darauf reagieren schließt mit ein, dass ich kontinuierlich in Bewegung bleibe, etwas ändere, immer wieder neue Wege einschlage. Doch wie schwer ist das. Der Mensch neigt dazu, sich einzurichten, früher oder später zu sagen: Es soll alles so bleiben, wie es ist. Aber das ist, nicht nur mit dem Blick auf das Klima, keine Option. Wenn aber eingefahrene Spuren verlassen werden müssen, macht sich Angst breit. Dabei sind Krisen Chancen, etwas Neues auszuprobieren.
Jürgen Manemann leitet als Theologe in Hannover ein Institut für Philosophie. Er sagt: Angst kann ein Anzeiger sein für Zukunft, da zur Zukunft immer das Ungewisse gehört. Sie kündigt sich an, wenn Gegenwärtiges sich auflöst, nicht mehr ins Morgen trägt. In so einer Situation kommt es darauf an, aufmerksam zu sein, hinzuhören und erwarten zu können. Denn das Neue findet sich in den Löchern zwischen dem Alten. Veränderung geschieht im System, sie wächst heran. Von unten her bricht in den Rissen Neues auf.
Doch genau das kann auch stören, weil es anders ist als das Gewohnte. Das aber ist Ausdruck einer christlichen Hoffnung. Ihr Ziel ist, so Jürgen Manemann, eine andere Welt in dieser Welt. Diese Hoffnung befähigt zu handeln, wenn die Zeit reif dafür ist. Sie setzt sich ein für die Leidenden, spricht von Feindesliebe, hält im Angesicht des Todes an der Auferstehung fest. Mehr übertreiben kann man nicht. Und es ist alles andere als leicht, diese Ansprüche auszuhalten, sich nicht dem anzupassen, was allgemein gilt. Das aber heißt oft genug: Widerstand leisten.
Und ja, ich muss auch anders leben, um die Schöpfung zu bewahren. Und manche sagen sich: ich muss wohl auch zeigen, es ist höchste Zeit umzusteuern. Denn unser Lebensstil ist fragwürdig.
Christen erleben: Lebendig bleibt mein Glaube nur dann, wenn er im Widerspruch dazu steht, mich in der Welt einzurichten. Ich muss ihn einsetzen, um ihn zu gewinnen. Das Tun ist entscheidend.