Ich weiß nicht, ob es nur mir so vorkommt, aber im Juli und August dieses Jahres schien es überall Sommertheater zu geben. Zum Beispiel in Magdeburg – wo das Theater vor der Kulisse des Domes alljährlich Musicals aufführt. In diesem Jahr "Catch me if you can".
Nun ist es nicht gerade häufig, in einem Theaterstück wie hier auf zwei Gegenspieler als gleichermaßen positive Helden zu treffen. Eigentlich braucht es doch immer einen Bösewicht und einen Guten. Wobei der Gute am Ende in der Regel gewinnt. Bei "Catch me if you can" ist dieses Prinzip ausgehebelt. Die Geschichte ist schnell erzählt. Frank ist ein Hochstapler, der fröhlich Schecks fälscht und sich als falscher Pilot, Rechtsanwalt und Arzt ziemlich erfolgreich durchs Leben schummelt. Aber er tut dies auf so charmante und sympathische Weise, dass der Zuschauer ihm fast alles verzeihen möchte. Sein Gegenspieler ist der breitbeinige FBI Agent David, der anfangs erfolglos versucht Frank zu kriegen. Dieser Agent ist gesetzestreu und fromm, wirkt dabei aber recht grobschlächtig.
Schon irgendwie ein Gerechter – aber sympathisch? Nein. Ganz zum Schluss lässt er tatsächlich die Falle zuschnappen. Ist er der Gute? Die Sympathien sind jedenfalls genau andersherum verteilt. Das Verblüffende an der Geschichte ist der Respekt, mit der sich beide Gegenspieler behandeln, bis zum Schluss. Und irgendwie gewinnen am Schluss beide, auch wenn der "Gute Böse" Frank erstmal ins Gefängnis wandert.
Dem Stück liegt die wahre Geschichte des amerikanischen Hochstaplers Frank Abagnale Jr. zu Grunde, der in den 60ger Jahren all die Betrügereien tatsächlich veranstaltete, fröhlich um die Welt jettete, und lange Zeit das FBI zum Narren hielt.
Nach seiner kriminellen Karriere landete er für eine Weile im Gefängnis, wurde aber bald beim FBI als Berater angestellt und half aufgrund seiner profunden Kenntnisse bei der Aufklärung von Betrugsverbrechen. Später gründete er gar eine eigene Sicherheitsfirma. Er und sein Jäger werden Freunde fürs Leben.
Na, das ist doch mal eine wirklich optimistische Perspektive. Auch, wenn man grundsätzlich anderer Meinung ist und gegensätzliche Interessen verfolgt, kann man sich mit Respekt behandeln und gemeinsam Vorteile aus dem Konflikt ziehen. Das geht aber nur, wenn man sich selbst nicht zum alleinigen Maßstab macht. Wer weiß, welches Happy End dann auf einen wartet.
Das ist übrigens auch eine der schönsten Lehren der Bibel. Dass Gott immer wieder einen Neuanfang ermöglicht. Auch wenn die Kiste noch so verfahren ist.
Von daher war es passend, "Catch me if you can" vor dem Magdeburger Dom zu spielen. Denn eine Kirche ist immer auch ein Zeichen für Versöhnung und Neuanfang. Zumindest, wenn sie ihren Gründer mit seiner frohen und befreienden Botschaft ernst nimmt.