In den letzten Jahren haben Angst und Verunsicherung zugenommen. Aus verständlichen Gründen: Klimakrise, Coronapandemie, Kriege, Energiekrise, Inflation, Migration. Dazu kommen noch die individuellen Krisen, die uns meist noch stärker und direkter betreffen.
Es herrscht oft das Gefühl einer ständigen Bedrohung. Es wird immer schwerer zur Ruhe, zu sich zu kommen und das alles mal für ein paar Momente auszublenden. Wie können wir damit umgehen? Wie können wir unser Leben meistern ohne über all den schrecklichen Dingen, bei denen wir weitgehend nur machtlos zusehen können, verrückt zu werden?
Wenn wir einen Blick in die Bibel werfen, findet sich da vieles zu diesem Thema. Vor allem ein Satz taucht immer wieder auf, wenn es um Angst und um die Sorge vor der Zukunft geht: „Fürchte dich nicht.“ Das steht um die 20 mal im Neuen Testament.
Das ist irgendwie ein komischer Satz. Sind wir ehrlich, das klingt ein bisschen nach Vertröstung, im Sinne von: „Ich weiß jetzt auch nicht weiter, aber fürchtet Euch lieber mal nicht…dann wirds schon gehen!“ Und wie soll das überhaupt funktionieren? Ich kann meine Furcht nicht einfach abstellen. Es gibt keinen „Furcht aus“ Knopf in meiner Seele. Ein bisschen klingt der Satz auch danach, dass es falsch ist, sich zu fürchten. Wer sich fürchtet, ist zu schwach - also sei stark und fürchte dich nicht! Das ist nicht gerade tröstend.
Oder ist der Satz eher beschwichtigend gemeint? Dass es keinen Grund gibt sich zu fürchten. Aber das klingt für mich nach Schönrederei. Die Probleme werden ausgeblendet oder kleingeredet. Ich denke, auch so kann er nicht gemeint sein.
Ich verstehe das „Fürchte dich nicht“ mehr als eine Grundhaltung. Dem Leben begegnen, ohne sich zu fürchten. Und das meint nicht „furchtlos“ zu sein. Nein, die Furcht ist da, aber sie beherrscht nicht mein Leben. Wenn ich mich auf das „Fürchte Dich nicht“ einlasse, dann ist zugleich der Glaube daran da, dass ich es schaffe. Dass ich durchkomme. Dass es geht. Damit ist nicht gemeint, dass irgendwann im Jenseits alles besser ist.
Sondern vielmehr, dass wir die konkrete Furcht im Hier und Jetzt aushalten können. Dass wir sie überstehen können. Dass wir dazu in der Lage sind. Dass wir uns das zutrauen können. Das verändert nicht die Welt oder löst die Probleme. Aber es versetzt uns in die Lage, uns allem, was geschieht, zu stellen. „Fürchte dich nicht“ heißt nicht die Furcht auszulöschen, sondern ihr ins Auge zu schauen. Ich lebe mit meiner Furcht, sie ist ein Teil von mir, aber sie ist nicht der entscheidende Teil.