"Wie, du bist katholisch? So richtig, mit Kirche und Papst?" – "Mehr noch", sage ich da meistens. "Ich habe sogar Theologie studiert!" Und dann muss ich schmunzeln, wenn ich sehe, wie irritiert die Person ist, die vor mir steht. Sie bekommt das offenbar nicht zusammen. Ich schon, denn für mich gehören Glauben und Irritation zusammen.
Mein Glaube irritiert mich, weil er ständig für Unruhe sorgt. Darüber bin ich froh, denn so bleibe ich wach und aufmerksam. Glaube, das sind für mich keine Lehrsätze, Glaube ist vielmehr eine ständige Herausforderung – tiefer zu sehen, besser zu hinzuhören. Nicht an der Oberfläche hängen zu bleiben und dabei denen auf den Leim zu gehen, die lautstark einfache Antworten verbreiten.
Auch für Tomáš Halík, einen Soziologen und Theologen aus Tschechien, ist Glauben herausfordernd, manchmal fast eine Zumutung, wenn Vertrautes wegbricht. Tomáš Halík beschreibt die Gegenwart in seinem Buch "Die Zeit der leeren Kirchen" so: "Eine Zeit, in der wir statt leerer Worte vor Gott schweigen können und in der wir auch Augenblicke des Schweigens Gottes aushalten, damit wir dann wieder klarer seine Stimme hören können."
Ja, der Glaube kommt vom Hören, vom Hören irritierender Worte, die nicht ins durchgetaktete Leben passen. Und diese Worte lassen einen Gott erahnen, der ganz anders ist und nicht immer dem entspricht, den die Kirchen so gern verkünden. Den Herrn des Himmels, den allmächtigen Herrscher, der sich immer wieder fragen lassen muss: "Gott, warum lässt du so viel Leid auf der Erde zu?"
Wer sich auf den Gott des Christentums beruft, kommt an seinem Sohn Jesus Christus nicht vorbei. Für Tomáš Halík ist im Hinblick auf diesen Jesus, der am Kreuz starb, klar: "Ich habe nicht das Recht, Gott zu bekennen, wenn ich den Schmerz und das Elend meiner Nächsten nicht ernst nehme. ... Dem christlichen Glauben stellt sich Gott als ein verwundeter Gott vor. Es ist ein sym-pathischer Gott, das heißt ein mit-fühlender, mit-leidender, mit-leidenschaftlicher."
So ein Gott irritiert, denn er ist völlig anders als es allgemein erwartet wird. Aber der Mensch braucht so einen Gott, denn sonst verpasst er sein Ziel, Mensch zu werden. Gott ist in seinem Sohn Mensch geworden. Und er ist bis in den Tod gegangen. Nichts Menschliches ist ihm fremd. Und so irritiert der Glaube in einer Welt, in der sich manche Menschen mehr oder weniger für allmächtig halten und andere in ihr Weltbild mitziehen. In einer Welt, in der Glanz und Gloria zählen, irritiert ein Gott, dem an all dem nichts liegt. Was kann das nur für ein Gott sein? Leidenschaft statt Allmacht: Wenn das nicht irritiert...