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Teebeutelweisheiten

Wort zum Tage, 05.06.2024

Cordula Klenk, München

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Wenn ich mir einen Tee zubereite, lese ich gern die Sinnsprüche auf den Etiketten der Teebeutel, die es bei manchen Teemarken gibt. Da finden sich fast immer irgendwelche passenden Gedanken: "Sei gut zu dir!" – Das ist natürlich immer wichtig. "Wir geben zu viel auf Gerede!" – Wer wollte da widersprechen? "Anderen zu helfen, erzeugt Glück!" – Wohl wahr!

Doch auf die Dauer hinterlassen diese Sätze in mir ein eher schales Gefühl. Dass sie immer zu passen scheinen, macht mich misstrauisch. Denn das Leben ist vielfältig und hält Herausforderungen bereit, für die es mehr als eine einfache Antwort braucht.

Tatsächlich neige ich aber manchmal selbst zu solchen "Teebeutelsprüchen". Von einer Freundin, die mir gerade ihr Herz ausgeschüttet hat, verabschiede ich mich mit den Worten: "Melde dich, wenn du was brauchst!" Ich ahne schon, während ich es ausspreche, dass sie das nicht tun wird. Denn wer meldet sich schon in einer schwierigen Situation und bittet dann auch noch um Hilfe? Hilfreicher wäre es, ich würde meiner Freundin sagen: "Wenn es dir recht ist, rufe ich in zwei Tagen bei dir an, um zu fragen, wie es dir geht." Das kann ich aber nur sagen, wenn ich auch wirklich vorhabe, die Ankündigung in die Tat umzusetzen. Ansonsten würde es sich für die Freundin noch schlimmer anhören als ein „Teebeutelspruch“. Es wäre eine menschliche Enttäuschung.

Auch Trauernde werden oft überschüttet mit diesen gut gemeinten und doch wenig hilfreichen Sätzen wie: "Die Zeit heilt alle Wunden!" oder: "Du bist stark, du schaffst das."  Oft sind wir unsicher im Umgang mit trauernden Menschen und flüchten uns dann in solche Sätze. Doch hilfreich sind sie nicht, sie verstärken vielmehr das Gefühl des Unverstandenseins bei Trauernden. Auch wenn wir uns hilflos fühlen, ehrliche Sätze helfen doch am meisten weiter. Wir könnten sagen: "Ich ahne, wie schwer das alles für dich ist. Wollen wir uns verabreden, und du erzählst mir, wie es dir geht?" oder: "Es tut mir so leid. Ich hätte dir noch mehr Zeit mit ihm gewünscht." Manchmal verschenkt man auch mit diesen Worten einen kleinen Lichtblick.

Ich nehme mir vor: Wenn ich das nächste Mal Tee verschenke, schreibe ich auf die Verpackung einen lieben, persönlichen Gruß von mir. Der zaubert dem Beschenkten dann hoffentlich jedes Mal, wenn er sich einen Tee kocht, ein Lächeln ins Gesicht, weil zu spüren ist, dass dieser Gruß von Herzen kommt.

Über die Autorin Cordula Klenk

Dr. Cordula Klenk, geboren 1980 in Göppingen, arbeitet seit Herbst 2022 als Referentin Pastoral für die Malteser in der Region Bayern. Nach dem Theologiestudium (Diplom) und dem ersten Staatsexamen für das Lehramt an Realschulen folgte eine Zeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promotionsstudentin an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Anschließend absolvierte sie die Ausbildung zur Pastoralreferentin und wurde 2016 Referentin für Flüchtlingshilfe bei den Maltesern im Bistum Eichstätt. Sie hat sich lange Zeit als ehrenamtliche Hospiz- und Trauerbegleiterin engagiert, sie singt im Eichstätter Domchor, ist immer wieder als ehrenamtliche Pilgerbegleiterin unterwegs und auch im Bayerischen Rundfunk in Verkündigungssendungen zu hören. Sie lebt mit ihrem Mann in Mittelfranken.